VHS – Fit für die berufliche Zukunft

Fit für die berufliche Zukunft

Fachbereich Bildung und Qualifizierung
Volkshochschule Hannover
Programmbereich Planungs- und Zielgruppenbezogene Stadtteilarbeit

Wulf Krause:
Bericht über die Durchführung und Entwicklung des Programms „Fit für die berufliche Zukunft. Ein Programm zur Ermutigung und zum Wiedereinstieg in den Beruf, des Fachbereichs Bildung und Qualifizierung

„Der Kurs gibt Dir den Mut, das zu tun, was Du wirklich willst.“ Stephanie L.

„Man kann sich selbst finden und Erfahrungen fürs Leben sammeln.“ Heidemarie V.

„Es passiert genau das was ich persönlich daraus mache. Der Kurs ist ein Geschenk. Du wirst staunen, was Du erhältst!“ Iris K.

„Der Kurs ist Sprungbrett für die Umschulung.“ Andrea H.

 

Ich, für meinen Teil, habe einen neuen Blickwinkel in Bezug auf meine eigene Geschichte gewonnen. Ich habe aufgehört, falschen Idealen hinterher zu laufen, ich kann wieder mit mir selbst allein und trotzdem glücklich sein. Ich lerne, meine Kräfte einzuteilen und meine Gefühle ernst zu nehmen. Ein Weg hat sich geöffnet. Das heißt nicht, dass die Reise weniger beschwerlich geworden wäre, aber die Dinge, die ich tue, haben für mich eine neue Bedeutung angenommen, denn ich bin auf ‚meinem‘  Weg. Erst heute mit fünfzig Jahren habe ich wirklich begriffen, dass ich die Dinge anfassen muss, anstatt sie nur im Kopf hin und her zu bewegen.“ Monika S.

Unter dem Titel „Fit für die berufliche Zukunft. Ein Programm zur Ermutigung und zum Wiedereinstieg in den Beruf“ führt der Fachbereich Bildung und Qualifizierung seit Februar 2000 ein Bildungsan­gebot durch, das allein erziehende Frauen in ihren speziellen sozialen Lagen anspricht, für die der Gleichstellungsausschuss des Rates der LHH unter der Haushaltsstelle 1.3500610000.0 Finanzmittel zur Verfügung gestellt hat. Für dieses Projekt sind seit 2000 bis Frühjahr 2006 mit insgesamt elf Kursen folgende Mittel ausgegeben worden:

Honorar: 130.404,63 €
Lehrmittel: 1.764.80 €
Werbung: 4.162,93 €
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gesamt 136.332,36 €

Insgesamt 110 Teilnehmerinnen nahmen an neun Kursen teil, die in die Untersuchung einbezogen waren, darunter waren 16 Frauen nicht deutscher Herkunft. Das ist eine durch­schnitt­liche Teilnahme von 13,75 Teilnehmerinnen pro Kurs. Die Kurse sind anfangs etwas schwer, aber nach und nach, insbesondere durch gezielte und intensive Werbung und vor allem durch Mund-zu-Mund-Propaganda, gut angenommen worden und in den letzten beiden Jahren stieg die Nachfrage deutlich. Inzwischen läuft der elfte Kurs.

Diesem Bericht liegt eine Umfrage zugrunde, die mit den Teilnehmerin­nen eines „Ehemaligentreffens“ durchgeführt wurde, zu dem das Fit-Team für den 11.6.2005 nachmittags ins Freizeitheim Vahrenwald eingeladen hatte.

An diesem Treffen haben 31 Personen aus allen bis zum Zeitpunkt der Einladung vergangenen Kursen (3-5 Teilneh­merinnen pro Kurs) teilgenommen. Nur der gerade im Frühjahr ´05  beendete Kurs war mit 10 Personen überproportional stark vertre­ten. Ihnen hatten wir einen vorbereiteten Fragebogen vorgelegt.  Alle Aussagen dieses Berichtes sind aus Angaben dieser Personenauswahl gewonnen; das sind 28,18 % der Grundgesamtheit aller Teilnehmerinnen (110 Frauen) an den vergangenen Kursen. Das lässt sicher keine statistisch validen allgemeinen Aussagen über allein erziehende Frauen in Hannover zu, bildet aber doch  eine gute Grundlage für Aussagen über die soziale Lage aller Teilnehmerinnen an „Fit für die berufliche Zukunft“.

 

  1. Berufliche Zukunft ? 

Wie sieht es nun mit der beruflichen Zukunft für die Frauen konkret aus, welche das Hauptziel der Veranstaltungen ist?

Um es gleich vorweg zu nehmen: Auf die Frage „Sind Sie nach Ablauf des Kurses „Fit für die berufliche Zukunft“ erwerbstätig geworden?“ antworteten zwölf Frauen mit „nein“ aber elf mit „ja“, und eine gab an, ein Studium im Fach Sozialwesen anzufangen. Das ist eine Arbeitsaufnahme von fünfzig Prozent der Frauen, welche diese Frage beantworteten.

Acht Frauen haben „nach Ablauf des Kurses an einer für sie bedeutsamen Fortbildung teilgenommen“. Darunter finden sich Fortbildungen zur Betreuungskraft für die verlässliche Grundschule, zur Bürokauffrau, zu  Computer Aided Design CAD, zur AFL-Maßnahme, Betriebswirtschaftliche Assistentin, und eine Ausbildung zur Eurythmistin; „habe im 2. Jahr wg. Schwangerschaft unterbrochen, jetzt geht’s weiter.“ Eine Frau hat keine Angabe gemacht.

Nach Ablauf von „Fit für die berufliche Zukunft“ hat bis auf eine, von der wir keine Angabe haben, jede der einunddreißig Frauen entweder eine Erwerbstätigkeit aufgenommen (11) oder eine Fortbildung begonnen (8), nur elf Frauen sind nicht erwerbstätig geworden. Die Frauen entdeckten und besannen sich dabei auch auf ihre in der Familienzeit gewonnenen personalen Kompetenzen wie Leistungs­be­reit­schaft, Flexibilität, Zuverlässigkeit, Einsatzwille, Ausdauer und hohe Motivation für das, was sie tun.

Insgesamt ist das ein Ergebnis, über das wir uns sehr freuen, zeigt es doch, dass mit Hilfe des Kurses das Hauptziel erreicht ist, die Motivation und die Fähigkeiten der Frauen zu steigern, ins Berufsleben zurückzukehren.

Sieht man sich aber an, wo die Frauen erfolgreich sind, so werden Arbeitsbereiche genannt wie Büro, Architektur, Pflege, Verkauf, Küchenhilfe, Krankenhaus, zusätzlich im Altenheim und im Ehrenamt, bei der Verkehrszählung, in der Kulturarbeit und als Erzieherin, im Kinderladen als Aushilfe, aber auch als Messemutti.

Dabei sind kaum Dauerstellen zu finden, sondern eher vorübergehende Tätigkeiten von  „2 Monaten“, „3 Wochen“, „mehrere Terminen“, „9 Monaten“.

Diese Tätigkeiten wurden laut Angaben in Vollzeit (1) in Teilzeit (6), mit „17 Std. pro Woche“, als „400-Euro-Job“ (3), als „1-Euro-Job“ oder als „abgegrenzter Minijob“ angegeben.

Das ist ein Ergebnis, das uns sehr enttäuscht, zeigt es doch, wie leicht die Frauen in ihrem Bemühen um angemessene und dauerhafte Arbeitsplätze mit „Minijobs“ des ersten und des zweiten Arbeitsmarktes abgespeist werden können. Solche  Arbeitsange­bote scheinen den Zugang der Frauen zum ersten Arbeitsmarkt eher zu verstellen als zu eröffnen.

Dennoch: Ilona arbeitet in einem Warenhaus und Isabel arbeitet als Physiotherapeu­tin, Annika macht eine Ausbildung zur Erzieherin. Kerstin hat den erweiter­ten Sekun­darabschluss geschafft; sie hat vier Kinder, zwei davon hochbegabt und deshalb in unserem Schulsystem problematische Schüler. Sie erwägt für sich eine Ausbildung zur Sozi­alassistentin oder das Abitur auf der Abendschule nachzuholen. Diana  sorgt für warmen Mittagstisch in einer Schule. Beate arbeitet in einem Blumenladen und ist begeistert vom Arbeitsklima und den Kolleginnen, Suzan arbeitet als Putz- und Koch­hilfe in einem Kinderladen, um damit ihre Erzieherinnenaus­bildung zu finanzieren, Nicole arbeitet als Filialleiterin einer Drogeriekette, engagiert sich für die Einrichtung eines Personalrats und rechnet damit, die Probezeit deswegen nicht zu überstehen, eine der Frauen hat bei Radio „Flora“ angefangen.

Insgesamt haben wir uns sehr bemüht, den beruflichen Wiedereinstieg auch durch die Angebote anderer Institutionen zu unterstützen. Traditionelle Fixpunkte waren dabei Besuche im Berufsinformationszentrum (BIZ), des Wei­ter­bil­dungs­marktes und der Frauenmesse sowie die gezielte Teilnahme der Frauen an Angeboten der Volkshochschule oder der Freizeitheime. Wir haben auch externe Referentinnen eingeladen wie die Gleichstellungsbeauftragte Frau Gräßler-Zorn, aber auch eine ehemalige Teilnehmerin, die sich  zum Thema ARGE geäußert haben. Eine Refe­ren­­tin sprach über Öffentlichkeitsarbeit und die Managerin einer Zeitarbeits­firma berich­tete über ihre Arbeit für die Vermittlung allein erziehender Frauen.

Daneben haben wir immer auch mit anderen Verfahren für beruflichen Einstieg experimentiert, die unser eigenes Konzept bereichern konnten, konkret mit dem „Assessment-Center“ und dem „Europäischen Profilpass“, die in der freien Wirtschaft verwendet werden. Nach unserer Erfahrung sind sie jedoch nicht wirklich gute Angebote für unsere Teilnehmerinnen. Das  Assessment-Center – so war unser Eindruck – entmutigt mehr, als dass es den Frauen Klarheit verschafft. Insbesondere die Beobachtungs- und Beurteilungsphasen waren für viele Teilnehmerinnen eher belastend als hilfreich.

Auch der „Europäische Profilpass“ eignet sich nicht gut zur Integration in das Kurskonzept; dafür ist er zu kompakt. Jedoch verwenden wir ihn als begleitendes Material für die individuelle Orientierung und berufliche Selbstklärung. Die Frauen nutzen ihn für die Klärung ihrer sinnvollen, gefragten und zu erneuernden beruflichen Kompetenzen. Dem gleichen Zweck diente die Profi-Bewerbungsmappe der Agentur für Arbeit als Leitfaden für Frauen, die bereits konkrete Schritte auf dem Weg zum Wiedereinstieg in das Erwerbsleben gegangen sind.

 

  1. Was ist die pädagogische Idee des Angebots?

– Besinnung auf die Kraft und die Fähigkeiten, über die die Frauen selbst verfügen.

– Ermutigung zur Verantwortung nicht nur für andere, sondern auch für sich selbst.

– Ermutigung anstatt Selbstzweifel und lähmende Schuldgefühle.

– Motivation auf sich selbst und dadurch zum wirksamen Lernen für sich selbst.

Das steigert die eigene Entwicklung. Das kann man lernen, das muss man lernen. „Encouraging-Training“ und „Selbstwirksames Lernen“ sind der pädagogische Kern des neuen Konzeptes in diesem Kurs.

Encouraging steht für Ermutigung. Ermutigung ist das einzige Mittel, die persönlichen Fähigkeiten selbst zu erfahren und zur Entfaltung zu bringen.

Sich selbst ermutigen anstatt zu grübeln und abzuwerten oder sich selbst hängen zu lassen und Ersatzbefriedigungen zu suchen  – das kann man lernen.

Encouraging ist eine auf die Entwicklung persönlicher Fähigkeiten gerichtete Strategie. Sie leistet die Klärung und die Steigerung von kognitiven und Alltagskompetenzen zur Bewältigung  komplexer Lebenssituationen und auf die Lö­sung oft schwieriger Probleme. Sie gründet ursprünglich in der Individualpsycho­logie Alfred Adlers, (der ein Zeitgenosse Sigmund Freuds war) und welche von Rudolf Dreikurs bewahrt wurde.  Theo Schoenaker (Schoenaker 142006) schuf aus Adlers und Dreikurs’ Theorien ein um effektive psychologische Kurzzeit-Methoden erweitertes  pragmatisches Konzept für die Erwachsenenpädagogik. Encouraging-Training ist praktizierte Individualpsychologie, steht für Soziales, Inter­esse, Mitmenschlichkeit, Zusammen­ar­beit, Gleichwertigkeit aller Menschen, Optimis­mus und Ermuti­gung.

Selbstwirksames Lernen steht für die Entwicklung von Lern- und Lehrstrukturen und -arrangements, welche eine Stärkung der Überzeugung von der eigenen Leistungsfähigkeit der Lernenden möglich macht und darüber hinaus einen nachhaltigen Einstellungswandel zum eigenen Lernen herbeiführen kann. Dies gilt gleichermaßen und wechselseitig für Teilnehmerinnen und Kursleiterinnen.

Eine positive Selbstwirksamkeitserwartung ist die subjektive Gewissheit einer Person, neue und schwierige Anforderungen auf Grund eigener Kompetenz meistern zu können. Sie bewirkt Vertrauen in eigenes Können, fördert Erfolgserlebnisse und entlastet beim Umgang mit Misserfolgen. Dabei kommt es entscheidend darauf an, ob und wie es gelingt, bei allen Beteiligten die vorhandenen Motivations- und Entwicklungspotenzi­ale zu entfalten und im Lernzusammenhang wirksam werden zu lassen.

Dies erfordert eine zeitgemäße Lernkultur, d.h. neue Formen informellen Lernens; neue und mehr Beratungs- und Unterstützungsangebote, aber auch mehr Flexibilität, Eigenverantwortung und Kommunikation aller Akteure, welche auch neue Formen partnerschaftlicher Zusammenarbeit ermöglichen sollen.

Die erforderliche  grundlegende Veränderung der Rolle der „Lehrerinnen“: Die traditionelle Rolle der Wissensvermittlerin, die am besten weiß, was gut für die „Schülerinnen“ ist, muss ganz aufgegeben werden. Vor allem das entsprechende „pädagogische Verhalten“ nach einem „verborgenen“ Lehrplan entfällt, welches die „Schülerinnen“ zur Erreichung der Lernziele führt. Die Teamerinnen  nehmen sich viel­mehr zurück, steuern nicht die inhaltlichen Beiträge der Frauen, sondern unterstützen und erleichtern die selbständigen Suchbewegungen der selbstler­nenden Teilnehmerinnen. Die Frauen selbst entfalten höhere Aktivitäten durch ihre in die Gruppe gegebenen Impulse. Die Lernwirksamkeit erhöht sich dadurch deutlich, ganzheitlich und insofern nachhaltig.

 

  1. Was alles ist neu?

Unser Konzept setzt in seiner Zielsetzung zuerst auf Kompetenzentwicklung, also die Entwicklung von Fähigkeiten der Frauen, über die sie bereits bewusst oder latent verfügen, nicht jedoch auf Qualifizierung für einen Beruf. Lernen versteht sich hier als finden von Wegen zur Entwicklung und dem Erwerb von Kompetenzen.

Heute sprechen wir in der Erwachsenenpädagogik und auch in der allgemeinen Pädagogik von der Ermutigung und Ermächtigung zur Entwicklung „subjektiver“ Kompetenzen zum „lebenslangen Lernen“.

Kurz: Wir nehmen in diesem Kurs eine grundlegende pädagogische und didaktische Umstellung vor. Nämlich von fremdbestimmter Qualifikationsvermittlung und -abfrage auf die selbstbestimmte und selbstverantwortete Kompetenzentwicklung der Lernen­den.

Das sind wesentlich vier Kompetenzen:

Nämlich die     personale,

                        soziale,

                        fachliche,

                        methodische Kompetenz.

  1. Was geschieht?

An fünf Tagen in der Woche, vormittags ohne Kinder, arbeiteten Frauen an ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung. Jeder Tag bietet ein anderes Programm:

Montag – Gesundheits- und Wohlfühltag:

Immer in Bewegung – immer im Stress? Bewegung, Entspannung, Körperwahrneh­mung, Rückengymnastik, Gesundheitsverständnis, Gesundheitswe­sen. Ziel ist, die persön­li­­chen Fähigkeiten zur je besonderen Körper-Seele-Geist-Kongruenz  entwickeln. Weiterhin werden die Frauen praktisch unterstützt, sich und ihre Kinder mit wenig Geld gesund und möglichst vollwertig zu ernähren.

Effekt: Entwicklung personaler und fachlicher Kompetenz.

 

Dienstag – Tag der Persönlichkeitsentwicklung

‚Encouraging-Training‘, ‚In Frieden mit Kindern leben‘. Ziel ist, die persönlichen Fähigkeiten zum je besonderen Lebensentwurf für sich selbst und im Zusammen­le­ben mit anderen zu entwickeln.

Effekt: Entwicklung personaler und sozialer Kompetenzen.

 

Mittwoch – Auffrischen von Kenntnissen

Strukturen und Arrangements zum Auffrischen von Kenntnissen entwickeln und sich neue Kenntnisse in einer Strategie selbstwirksamen Lernens aneignen. Ziel ist die bisherige Einstellung zum Lernen und deren Blockaden zu erkennen und für das Lernen als lebensbegleitenden, stetigen Prozess  geeignete Methoden finden, ziel­gerichtet und eigenverantwortlich zu gestalten und zu lernen. Selbstmanagement, Zeitmanagement, Konfliktmanagement, Rhetorik und Präsentation, Bewerbungs­strategien sind wesentliche Lernfelder.

Effekt: Entwicklung fachlicher, methodischer und sozialer Kompetenzen.

 

Donnerstag – Tag der Informations- und Kommunikationstechnik

EDV-Einführung, z.B. Hardware, Software, MS Office, E-Mail und Internet, sowie Auffrischen von Grundkenntnissen. Ziel ist ein freieres, zugehendes Kennenler­nen der IuK-Technik, nicht eine Ausbildung.

Vielmehr sollen Orientierungsfähigkeiten entwickelt werden, wie, wo und was in diesem Gebiet zu finden ist und wie man sich darin praktisch orientieren kann.

Effekt: Entwicklung fachlicher und methodischer Kompetenzen.

 

Freitag – Kreativ ins Wochenende.

Kein nachhaltig positiver Umgang mit  privaten und beruflichen Problemen ohne Kreativität: Hier ist die Vorstellungskraft gefragt. Mit sehr unterschiedlichen Techni­ken kreieren die Frauen künstlerische Produkte, über deren  Qualität sie selbst oft staunen.

Dinge zu schaffen, meist außerhalb des Alltags liegend, dafür aber ganz nah am eigenen Innenleben, das stärkt das Selbstbewusstsein über die eigenen Fähigkeiten. Die Erfahrung  „Ich kann etwas schaffen!“  ist selbstwirksam und auf andere Lebensbereiche übertragbar. Frauen, die bereits um ihre künstlerische Begabung wissen, sind dadurch gestärkt, diese endlich wieder ausleben zu können.

Effekt: Eröffnung einer freieren Entfaltung  kreativer und kognitiver Fähigkeiten und damit die Stärkung personaler Kompetenz

 

Fünf Bausteine – ein ganzes Paket für die ganze Frau.

 

  1. Wer nimmt teil?
  2. a) Sozialräumliche Herkunft.

Zunächst war das Angebot „Fit für die berufliche Zukunft“ für das sozialräumliche Einzugsgebiet des seinerzeit neu errichteten Freizeitheim Vahrenwald konzipiert, für welches nicht mehr allein stadtteilbezogene Kulturangebote wie in der Vergangenheit geplant werden sollten, sondern zusammen mit der Volkhochschule auch berufs­qualifizierende Angebote, insbesondere für allein erziehende Mütter.

Schnell zeigte sich jedoch: Die Annahme, ausreichend Teilnehmerinnen im sozial­räum­lichen Einzugsgebiet des Freizeitheims zu aktivieren konnte sich nicht bestätigen. Die Teilnehmerinnen kamen aus vielen Stadtteilen Han­novers.

Allerdings ist ihre sozialräumliche Herkunft keineswegs zufällig.

Es lässt sich vielmehr feststellen, dass die überwiegende Mehrheit der Frauen, ins­ge­samt achtzehn, aus sozialräumlich besonders belasteten Stadtteilen des unterprivilegierten Nordwestens der „sozial geteilten Stadt  Hannover“ (Thomas Hermann 2000) kamen, wie aus Linden, aus der Nordstadt, aus Badenstedt, Buchholz, Ricklingen, Wettbergen und Mühlenberg. Nur fünf Teilnehmerinnen kamen aus der Oststadt-List (aber auch keine aus Vahrenheide, das ja auch eine sehr gute Verkehrsanbindung an das Freizeitheim Vahrenwald hat).

Beworben wurde der Kurs mit einem Flyer über einen stadtweiten Verteiler und mit di­rekten Ansprachen von so genannten kommunikativen Multiplikatoren für die Ziel­grup­pe der allein erziehenden Frauen.

Dies zeigt: Das  Programm erreicht sehr genau die Personen stark belasteter und unterprivilegierter sozialer Milieus. Auffällig ist aber auch, dass in den vergangenen etwa drei Kursen die Teilnehmerinnen zunehmend aus den verschiedensten Ländern und Kulturen kommen. Das Kurskonzept wird dem entsprechend in Zukunft schärfer profiliert werden.

 

  1. b) Soziale Indikatoren

Einunddreißig Mütter haben einen Fragebogen ausgefüllt. Darunter hat eine Mutter vier Kinder, vier Mütter haben drei Kinder; die größte Gruppe, nämlich fünfzehn Mütter, hat zwei Kinder und zehn Frauen, die zweitgrößte Gruppe, haben ein Kind.

Die Altersstruktur der Gruppe lässt ja eine besondere Häufung in den „geburtenintensiven“ Lebensjahren zwischen zwanzig und dreißig Jahren annehmen, aber hier ist unsere Annahme enttäuscht worden. Eine solche Häufung lässt sich nicht ausmachen, im Gegenteil:  Es gibt eine signifikant gleichmäßige Verteilung auf alle vertretenen Altersstufen, die, jedoch mit Lücken, von 21 bis zu 49 Lebensjahren der Frauen reichen.

Nimmt man aber die Lebensjahrzehnte zusammen, so haben sechs 21-29-jährige Mütter teilgenommen (16 %), vierzehn 30-39-jährige (41 %) und elf 40-49-jährige Frauen (32%). So gesehen lässt sich sagen, der Kurs wurde überwiegend von Frauen im Alter von 30 bis 49 Jahren besucht, nämlich von insgesamt dreiundzwanzig (80,6 %).

Das scheint zunächst überraschend, erklärt sich aber durch einen Blick auf die Altersverteilung ihrer Kinder.

Die befragten Mütter haben zusammen sechsundfünfzig Kinder. Das Alter dieser Kinder reicht von acht Monaten, in einem Fall, bis zu vierundzwanzig Jahren.

Eine besondere Häufung, nämlich sechsundzwanzig, lässt sich bei Kindern im Alter von fünf bis neun Jahren erkennen; das ist fast die Hälfte aller Kinder (46,4%). Das ist nun aber auch das Alter, in dem die Kinder, wie man sagt, aus dem „Gröbsten“ raus sind, also die Kinder in der Kindertagesstätte oder der Schule sind. Wenn auf diese Weise die Betreuung gewährleistet ist, kann den Müttern wieder eine Perspek­tive auf sich selbst öffnen. Jetzt kann ihnen bewusst werden, dass es für sie noch mehr geben kann als nur Haushalt und Kinder. Jetzt können sie beginnen, für sich selbst nach vorn zu schauen und sich auch beruflich neu zu orientieren. Das erkennen und tun sie auch.

Dies zeigt: Mit unserem Angebot erreichen wir genau diese Frauen, die dann aber in der Altersgruppe von dreißig bis Ende vierzig Jahren sind.

Noch genauer wird das Bild, wenn wir die Altersverteilung der Kinder unter dem Gesichtspunkt von Sozialisationsperioden unterscheiden, also nach dem Kleinkindalter bis drei Jahre, dem Alter von 3 bis 5 Jahren, der Kita-Periode, der Schulperiode von 6 bis 15 Jahren und der Periode, in der die Kinder bereits eine Ausbildung beginnen, aus dem Haus gehen und selbständig werden, also ab 16 Jahre.

Legt man diese Perioden als Unterscheidungskriterien zugrunde zeigt sich:

Im Kleinkindalter hatten wir nur fünf Kinder 8,9 %, im Kita-Alter gab es schon zehn Kinder (17,8 %) aber im Schulalter  hatten wir zweiunddreißig Kinder (57,14 %) und immerhin noch neun Kinder, die älter als sechzehn Jahre waren (16 %).

Dies, meinen wir, zeigt deutlich,  dass die allgemeine und auch die berufliche Neuorientierung allein erziehender Frauen in direkter Relation zur Sozialisations­periode ihrer Kinder steht: Wenn die Kinder in der Kindertagesstätte sind,  beginnen die ersten Frauen sich neu zu orientieren, aber vor allem, wenn die Kinder zur Schule gehen, sehen die Mütter Möglichkeiten und Zeit der Neuorientierung für sich. Das betrifft sogar noch vereinzelt Frauen, deren Kinder bereits in Ausbildung oder schon aus dem Haus und selbständig sind.

Und es zeigt, dass „Fit für die berufliche Zukunft“ für genau diese Frauen im Neuaufbruch ein Angebot mit hoher Attraktivität ist.

 

  1. c) Welche Qualifikationen haben die Frauen?

Alle befragten Frauen haben einen Schulabschluss; vier haben Hauptschulab­schluss, je acht Sekundarabschluss I bzw. II, sechs haben Abitur darunter drei ein Fachabitur, z. T. im Anschluss an „Fit für die berufliche Zukunft“ nachgeholt. In der Grundgesamtheit aller Teilnehmerinnen fanden sich aber auch Frauen, die keinen Schulabschluss hatten, aber das waren eher vereinzelte Fälle.

Einundzwanzig der befragten Frauen  gaben an, eine Berufsausbildung zu haben, sieben, keine zu haben und die eine oder andere der befragten Frauen hat zwei Berufsausbildungen.

Darunter finden sich Ausbildungen zur Bauzeichnerin, Kauffrau, Kosmetikerin, Altenpflegerin, Rechtsanwalts- und Notariatsgehilfin, Patentanwaltsfachangestellten; es gab mehrere Erzieherinnen, Kinder- und Krankenschwestern, eine Heilpraktikerin, eine Staudengärtnerin, eine Fleischereifachverkäuferin, eine Hotelfachfrau, mehrere Friseurinnen, aber auch eine Industriemechanikerin, eine Tapisseristin, ein Beruf, den es nicht mehr gibt, und eine Keramiktechnikerin, mit einem Beruf, den es nur in der DDR gab.

Sechzehn von ihnen gaben an, den Beruf nicht mehr auszuüben; das ist gut die Hälfte. Die Gründe dafür liegen in  Arbeitslosigkeit, Gesundheit, „zu alt“, „zu lang `raus“, „zu lang her“, „Schichtarbeit mit Kind nicht möglich“, „Elternzeit und keine Lust auf Hotel“ bis „gibt es nicht mehr“ und „weil ich in der Zeit krank geworden bin und weil ich nicht mehr in den Beruf zurück möchte; ich kriege Panik, wenn ich daran denke, ich müsste wieder in dem Beruf arbeiten“ und natürlich nicht zuletzt „finanzielle Gründe“.

 

  1. Was hat sich für die Frauen verändert?

Uns hat nun sehr interessiert, welche Veränderungen sich während und nach Ablauf des Kurses für die Frauen ergeben haben. Um das zu erheben, haben wir mehrere Komplexe abgefragt.

Das waren zuerst allgemein gehaltene und offene Fragen zu Veränderungen im Verhältnis

  1. a) zu sich selbst,

b)zu ihren Kindern und gegebenenfalls

  1. c) zu Partnern.

Sie konnten frei durch Angabe von Stichworten antworten. Diese Stichworte lassen sich qualitativ so auswerten, dass man sie zu Clustern inhaltlich ähnlicher Aussagen zusammenfügt und unter einem eigens gebildeten Titel zusammenfasst. Das ergibt dann ein qualita­tiv recht differenziertes Bild.

Die Frage lautete: „Was hat sich für Sie seit Ihrer Teilnahme am Kurs geändert?

  1. a) Die Veränderungen Im Verhältnis zu sich selbst beschrieben die Frauen mit Worten wie „sehr viel“, ihren Zustand allgemein mit Worten wie „gut“, „hoch selbstbewusst“ und „positiv eingestellt“.

Dieser Cluster „allgemeiner Zustand“, der an sich wenig und das sehr abstrakt aussagt, lässt sich erheblich konkretisieren, wenn man die Adjektive zusammenfasst, mit denen die Frauen ihre veränderten Zustände beschreiben.

Hier ergibt sich dann ein zweiter Cluster  „konkrete Veränderung“, der sie mit einem bunten Satz von Worten beschreibt, welche die Veränderungen im Komparativ zur Vergangenheit ‚vor der Kursteilnahme‘ aussagen:

Danach erfahren sich die Frauen

„realistischer“, „gelassener“, „selbstbewusster“, „geduldiger“, „konsequenter“, „selbständiger“.

Eine hat „ihren Ruhepunkt gefunden“, eine andere ist „netter zu sich“ und eine weitere „nimmt sich mehr Zeit für sich“.

Ein dritter Cluster sammelt Aussagen um den Prozess der „allgemeinen Selbstklärung“. Hier finden sich Aussagen wie:

„Habe ein Jahr, gehe anders mit mir um“, kann „meine Fähigkeiten besser erkennen“, habe „meine Stärken erkannt“ bis zu „totale Krisensitzung und Läuterung, danach Zuversicht“

Ein vierter Cluster organisiert sich etwas genauer um „berufliche Selbstklärung“ mit Aussagen wie: „Ich bin mutiger, was die berufliche Zukunft angeht“, „Ich habe meinen beruflichen Weg gefunden“, „Im September fange ich eine Ausbildung an“ oder auch einfach „Pläne umgesetzt“.

In einem fünften Cluster finden sich Beschreibungen, die sich noch sehr um das „Kind-Mutter-System“ zentrieren, aber doch Aufbruchsbereitschaft der Mütter anzeigen:

Ich „habe Mut bekommen, etwas außerhalb des Haushalts zu tun“ oder „kann etwas anderes als Kind“.

Nur eine Frau bezeichnete die Veränderung ihres Verhältnisses zu sich selbst unverändert, „wie vorher, schwankend“ und eine andere Frau bekannte freimütig: „Ich vermisse den Kurs.“

 

  1. b) Unter derselben Frage: „Was hat sich für Sie seit der Teilnahme am Kurs geändert?“ fragten wir dann genauer „…im Verhältnis zu Ihren Kindern“.

Hier zeigt sich ein qualitativ sehr differenziertes Bild: Das Verhältnis zu den Kindern wird mit „gutes Verhältnis“, „gut bis mittelmäßig“ oder „alles im grünen Bereich“ beschrieben. Aber auch:  „Hat sich nichts verändert“, „gerät oft in Vergessenheit“.

Die Mütter sind „ruhiger“, „gelassener“ und „oft netter“ zu ihren Kindern“. Sie verhalten sich „konsequenter“ zu ihren Kindern, haben jetzt „Werkzeuge an der Hand“, „lernen von (mit) gesunden Regeln“ und „können besser Grenzen setzen“.

Sie erfahren ihr Verhältnis zu ihren Kindern „vielleicht noch bewusster“, „gehen mehr auf sie ein“; so nehmen sie sich auch mehr „Raum, um Lösungen zu finden“.

 

  1. c) Die dritte Veränderungsdimension betraf das Verhältnis zum Partner. Das sind zuerst die Väter ihrer Kinder, die ja weiter im Umkreis der „Ein-Eltern-Familie“ existieren und nicht selten auch in ihrer Abwesenheit sehr anwesend sind oder es gibt neue oder andere Partner, mit denen man nicht zusammen lebt, d.h. die ganze moderne Vielfalt der Beziehungsarten jenseits der so genannten „bürgerlichen Kern­familie“ findet sich auch bei den Frauen, die an „Fit für die berufliche Zukunft“ teilge­nommen haben. Das ändert auch nichts an ihrer Rolle als Alleinerziehende.

Daraus rechtfertigt sich, so meinten wir, diese Frage nach dem Verhältnis zum Partner.

Die Frauen sehen das wohl anders. Die überwiegende Mehrheit hat die Frage nicht beantwortet, aber wir finden auch Antworten, die hier nicht verschwiegen werden sollen, weil sie doch in vieler Hinsicht für die Situation der Frauen signifikant sind: „Habe keinen Partner“, „welcher Partner?“, „ups – ich bin echte Alleinerziehende!“

Auch Veränderungen werden beschrieben: „Habe ich gewechselt“, „Scheidung“, „Mit der Trennung gehe ich anders um“, „nach wie vor Höhen und Tiefen“. Die eine oder andere Frau geht „liebevoller“ mit ihrem Partner um, hat ein „gutes Verhältnis“ – „alles in Ordnung“.

 

  1. Einige Überraschungen 

Für allein erziehende Frauen, so nahmen wir an, sind ihre Isolierung und Vereinzelung und die daraus entstehenden Belastungen, „alles selber machen zu müssen“ und auf keine oder wenig zuverlässige Unterstützung zurückgreifen zu können, eine ihre Selbständigkeit besonders einschränkende Bedingung ihres Daseins. Dem entgegen zu wirken ist eines der, wie man sagen könnte, Nebenbei-Ziele von „Fit für die berufliche Zukunft“. Ziel, damit ist gemeint, dass sich eine gewisse neue, frei assoziierte  Sozialität der Frauen untereinander im Sinne gegenseitiger Aufmerksamkeit, des Respekts, der Wertschätzung und des wechsel­seitigen Nutzens einstellen kann, welche über den Kurs hinaus tragfähig bleibt und sich auch dann erst wirklich entfalten kann. Nebenbei, das heißt, dies kann nicht „Gegenstand“ oder „Lernziel“ eines wie immer gearteten Unterrichts oder Curriculum sein, sondern muss sich nebenbei gleichsam als paralleler oder seitlich sich einstellender ‚Kollateralnutzen’ ergeben. Ein wichtiger Indikator dafür sind sicherlich die Kontakte, die zu anderen Teilnehmerinnen entstanden, die noch heute genutzt und gepflegt werden.

Diesen Beobachtungen und Intentionen des Kurses gingen wir im nächsten Fragen­kom­plex nach.

Wir fragten allgemein: „Wie würden Sie ihr soziales Netz, also Ihre Kontakte zu Verwandten, Freunden, anderen Müttern, Nachbarn, Kollegen etc. beschreiben, und wie bewerten Sie die Verlässlichkeit Ihres sozialen Netzes?

Auf zwei Skalen von „eher kleiner“ bis  für „eher größer“, für das soziale Netz bzw. „wenig verlässlich“ bis „sehr verlässlich“ für seine Verlässlichkeit konnten die Frauen ihre unterschiedlichen Wertungen in Intervallen von  -4 bis +4 darstellen.

  1. a) Die Ergebnisse zeigen nun sehr deutlich: Die Frauen verstehen sich als in ein „eher großes“ (Skalenwert +1) bis „sehr großes“ (Skalenwert +3 und +4) soziales Netz eingebettet; der niedrigste Wert lag bei -3 mit nur zwei Wertungen.

Insgesamt 26 Frauen bewerten ihr Soziales Netz mit Skalenwerten von +1, (11 Personen), +2 (3 Personen), +3 (6 Frauen) und + 4 (4 Frauen).

Danach ergibt sich bei 35.4 % der Mütter eine vorsichtig positive Bewertung der Größe ihres sozialen Netzes (Skalenwert +1) und 32,5 % der Frauen bewerten es als „sehr  groß“ mit Skalenwerten von +3 und +4 zusammengenommen.

  1. b) Auch die Verlässlichkeit ihres sozialen Netzes beurteilen die Frauen erstaunlich hoch: 67 % der Frauen geben einen Skalenwert von +1 bis +4 zusammengenom­men, bei sehr gleichmäßiger Verteilung, für die Verlässlichkeit ihres sozialen Netzes.

Dagegen finden sich nur 16 % mit Bewertungen der Verlässlichkeit von -1 bis -3 Skalenwert.

Zu dieser offensichtlich hohen Einschätzung der Verlässlichkeit und Größe des sozialen Netzes der Frauen gesellt sich daher auch, nun ohne weitere Überraschung, aber zu unserer großen Freude, dass 70 % der Frauen nach Ablauf des Kurses noch Kontakte zu anderen Teilnehmerinnen hatten und sie heute noch pflegen und nutzen.

Nur zwei bekundeten eine Kontaktnahme „leider nur selten“ und sechs ein klares „nein“.

Die Annahme der Isolierung und Vereinzelung allein erziehender Mütter muss nach diesen Ergebnissen wohl eher als unzutreffend gewertet werden, im Gegenteil: Mütter, nicht nur, aber auch allein erziehende Mütter, neigen wohl dazu, sich in eine wechselseitiges Netz von Müttern und Allomütter (Blaffer Hrdy 1999), zu begeben, das sie bei der Aufzucht und Erziehung ihrer Kinder entlastet. Allomütter werden Personen, oft Frauen oder Verwandte genannt, welche noch keinen Nachwuchs haben oder keinen mehr, die mütterliche Funktionen übernehmen können aber auch Männer und männliche Verwandte, die für Nachwuchs zu sorgen bereit sind, auch wenn sie nicht die leiblichen Väter sind, aber natürlich auch, wenn sie dies sind.

Der Kurs „Fit für die berufliche Zukunft“ verstärkt diese Neigung offenbar und erreicht sehr gut das vorhin erwähnte Nebenbei-Ziel der zusätzlichen, frei assozi­ierten Sozialität der Frauen unter­einander und trägt dabei intensiv zur Vergrößerung und Bereicherung ihres mütterlichen sozialen Netzwerkes bei.

  1. c) Oft hatte das Team auch den Eindruck, die Frauen seien außer mit ihren Kindern noch mit weiteren Verpflichtungen und der Sorge für andere Verwandte oder Personen belastet. „Außer für sich und Ihre Kinder, für wen müssen sie noch sorgen?“ fragten wir.

Unsere Annahme über die hohe soziale Belastung der Frauen wurde falsifiziert.

58,0 % der Frauen ignorierten offenbar die Frage, für wen sie außer für sich und ihre Kinder noch zu sorgen haben, indem sie gar keine Angaben machten, offensichtlich weil die Frage sie nicht anging. Auch die wenigen Angaben, die sich finden zeigen das: „Für keinen“, „niemand“, „nicht mehr“ sind solche Antworten, aber auch „Fische“, „fünf Meerschweinchen und Katze“ oder „z.T. Partner, Hund und Katze“, aber auch „zwei Schildkröten“ und „den Tod meiner Mutter verarbeiten“.

In drei Fällen wurde noch für die Mutter gesorgt.

 

  1. Wie geht es mit den Kindern?

Ein wichtiger Teil des Ermutigungstrainings strebt eine möglichst tragfähige Verbesserung der Beziehungen der Mütter zu ihren Kindern an. Uns hat daher interessiert, ob die Frauen a) „jetzt besser mit ihren Kindern zurechtkommen“ und vor allem, ob sie b) „das Verhalten ihrer Kinder jetzt besser einordnen können.“

Auch hier konnten sie auf insgesamt acht Intervallstufen zwischen den Extremen „eher weniger gut“ (-4) und „eher besser“ (+4) wählen.

  1. a) Auf die erste Frage gab es überhaupt keine negativen Skalenwerte lediglich 16,1 % fanden den Skalenwert +/-0, also „es hat sich nichts verändert“ angemessen.

Aber insgesamt 67,4 % der Frauen bezeugten, dass sie mit ihren Kindern besser zurechtkom­men mit positiven Skalenwerten zwischen +1 und +3, also mit eher besser, 35,4 % der Frauen haben mit dem Skalenwert +2 eine mittlere positive Einschätzung bezüglich der Verbesserung ihres Verhältnisses zu den Kindern.

  1. b) Noch deutlicher wird der Kurs-Gewinn der Frauen, bei der zweiten Frage zur Beziehung zu ihren Kindern. Auch hier gab es keine negativen Skalenwerte und nur drei +/-0-Bewertungen. Aber insgesamt 74,6 % der Frauen waren mit Skalenwerten zwischen +1 und + 3 der Meinung, sie könnten das Verhalten ihrer Kinder jetzt besser einordnen und verstehen; 64,1 % bewerteten die Verbesserung sogar mit Skalenwerten von +2 und +3.

Das ist ein sehr gutes und für das Team sehr ermutigendes Ergebnis.

Immerhin hat bei beiden Fragen keine der Frauen den höchsten Skalenwert +4 gewählt, diese Tatsache kann vielleicht als ein Zeichen skeptischer und realistischer Selbsteinschätzung der Frauen interpretiert werden.

 

  1. Frauenpower

Ein weiteres wichtiges Ziel des Kurses ist, die persönlichen Fähigkeiten zur je eigenen Körper-Geist-Seele-Kongruenz zu entwickeln.

Drei Frauen  fühlen  sich als chronisch Kranke ’nicht gesund‘. 87,0 % der Frauen jedoch gaben an, sich gegenwärtig „gesund zu füh­len“ und bewerteten ihren Gesundheitszustand mit der (Schul-) Note 2 (45,2 %) oder mit der Note 3 (29,0 %).

Hinzu kommt, dass 58,0 % der Frauen mit Skalenwerten von +1 und +2  ihren Zustand vorsichtig bis „eher besser“ finden, „jetzt besser aus negativen Situationen heraus kommen“ und 64,5 % meinen dabei und bei der „Lösung ihrer täglichen Probleme jetzt einfalls­reicher und kreativer zu sein.“

Auch dieses Kursziel, die Ermutigung,  wird gut erreicht.

Allerdings ist diese ja sehr positive Selbsteinschätzung der Frauen vor dem Hintergrund ihrer sozialen Lage zu sehen, was die Kompetenzstei­gerungen nicht in Frage stellt, aber relativ auf sozialräumliche Indikatoren zu einer realistischen Ein­schätzung ihrer Lage abrundet.

Auf die Frage nämlich, was „ihren Gesundheitszustand am meisten beeinträchtigt“, gaben die meisten Frauen (48,4 %) ihre finanzielle Situation an, 41,9 % ihre berufliche Situation und immerhin  32,25 % familiäre Belastungen, 22,7 % machten „eigene Lebensgewohnheiten“ und 19.3 % eigene Einstellungen“ verantwortlich.

Auch die hier in offener Frage formulieren Stichworte zu „sonstige Probleme“ zeigen dies:

„berufliche Situation schwierig, da Schichtarbeit“, „erst mal wieder arbeitslos“, „ausgebrannte Batterien“, „geringe Belastbarkeit“, „mein eigener Schweinehund“ „Allergie“ und „Terror des Ex-Mannes“ illustrieren die Situation der Frauen recht gut, auch wenn diese einzelnen Aussagen immer nur Einzelnennungen waren, also nicht auf die ganze Gruppe verallgemeinert werden können.

 

  1. Zusammenfassung der Auswertung

In neun untersuchten Kursen haben insgesamt 110 Mütter teilgenommen. Die Hälfte von ihnen hat nach Ablauf des Kurses eine Erwerbsarbeit aufgenommen, die anderen eine Fortbildung oder in einem Fall ein Studium. Allerdings münden die Arbeitsaufnahmen nicht in Dauerarbeitsplätzen, sondern in jeder Art von „Minijobs“, welche den Müttern den Zugang zur Erwerbsarbeit offenbar eher verstellen als eröffnen.

Die Frauen kommen ihrer sozialräumlichen Herkunft nach überwiegend aus den sozial belaste­ten Stadtteilen des Nord-Westens der „Sozial geteilten Stadt“. Sie sind bei Beginn des Kur­ses zwischen 30 und 49 Jahren (80,6%) und dieses Alter ist abhängig von der Sozia­lisationsperiode ihrer Kinder, die mit 5 – 9 Jahren (46,4%) schon aus dem „Gröbsten“ raus oder betreut sind. Erst dann können die Frauen wieder „etwas für sich selbst tun“.

Alle befragten Frauen haben einen Schulabschluss von überwiegend Hauptschulabschluss bis zum Abitur. Es gab unter den Teilnehmerinnen aber auch Frauen ohne Schulabschluss.

Zwei Drittel aller Frauen haben eine oder bereits mehrere Berufsausbildun­gen, können aber oder wollen nicht zurück in den Beruf, wollen also einen Neustart versu­chen.

Unser Konzept des Kurses ist ressourcenorientiert und auf Kompetenzentwicklung der Frauen ausgelegt.

Entsprechend deutlich fallen hier die Veränderungen aus. Besonders eindrucksvoll sind die Veränderungen im Verhältnis zu sich selbst und zu ihren Kindern. 67,4% meinten mit ihren Kindern jetzt besser zurecht zu kommen und gar 74,4% können das Verhalten ihrer Kinder jetzt besser einordnen und verstehen. 87% der Frauen fühlen sich gesund, wenngleich die Umstände – wie geringes Einkommen und belastende berufliche Situation – ihren Gesundheitszustand deutlich beeinflussen. Knapp 60% der Frauen jedoch glauben jetzt besser aus negativen Situationen herauszukommen und gut 64% fühlen sich bei der Lösung ihrer Probleme jetzt einfallsreicher und kreativer.

Für uns überraschend zeigte sich, dass die Frauen sich in einem eher großen sozialen Netzwerk von hoher Verlässlichkeit verknüpft erfahren. Zum Teil entwickelt sich unter den Teilnehmerinnen eine zusätzliche Vernetzung mit hoher Tragfähigkeit. Sie sind also nicht „sozial isoliert“. Auch die von uns angenommen hohen sozialen Belastungen aller Art werden von den Frauen nicht bestätigt; Belastungen ergeben sich vor allem aus den Kind-Mutter-Systemen, eben aus der Tatsache, dass sie allein erziehende Mütter sind.

 

  1. Das Team und Teamentwicklung

Der Prozess der Gruppe wie auch jeder einzelnen Frau wird von einem Team erfahrener Kursleiterinnen begleitet, die untereinander vernetzt sind und das Projekt als eine Einheit mit unterschiedlichen Lernbereichen und Schwerpunkten verstehen. Dabei gelingt es ihnen sehr gut „ihren“ Schwerpunkt mit den übrigen Lernbereichen integriert zu denken und in der Praxis zu vertreten.

Dies ist selbst Ergebnis eines gemeinsamen Lern- und Reflexionsprozesses, der in regelmäßigen Teamsitzungen und Workshops zur Teamentwicklung stattfindet, aber vor allem auch in ihrer besonders hohen Bereitschaft gründet, sich jederzeit inhaltlich und methodisch untereinander abzustimmen. Eine der Teamerinnen ist Studienlei­terin, d.h. sie steht den Teilnehmerinnen in allem für direkte Ansprache und Beratung zur Verfügung. Mit der Projektleitung, dem Programmbereichsleiter,  arbeitet sie im direkten regelmäßigen Austausch zusammen. So konnte dieses Angebot metho­disch-didaktisch auf die sozialen Milieus und die besonderen Lernweisen der Teilnehmerinnen eingestellt und optimiert werden. Für diese Arbeit gibt es keinen Lehrplan und kein Curriculum, sondern „Bausteine“ oder „Module“ mit flexiblen Elementen, um sich besser an den jeweiligen Situationen und konkreten Bedürfnissen der Teilnehmerinnen zu orientieren und  mit ihnen gemeinsam unter den Kurszielen zu entwickeln, zu organisieren und zu vereinbaren.

Gabriele Schulz hat ihren Schwerpunkt am Montag, dem Gesundheits- und Wohlfühltag. Sie unterstützt die Frauen in der Entwicklung von Fähigkeiten, welche ihnen bei der erfolgreichen Bewältigung ihrer Lebenssituationen helfen können. Sie verwendet dafür verschiedene Bewegungsansätze aus der Rückenschule, der Feldenkraismethode, des Yoga der Eutonie, des Qigong und der Kinesiologie. Als Ziele ihres Kurstages nennt sie Grundkenntnisse zum besseren Verständnis der Körperfunktionen, das Wechselspiel von zwischen körperlich-geistiger Anspannung und Entspannung zu erfahren, die Schulung der Körperwahrnehmung, d.h. körperliche Reaktionen in sozialen Belastungssituationen zu beobachten und alterna­tive Modelle des sozialen Verhaltens und der Stressbewältigung zu trainieren. Ihr wichtigstes Anliegen ist die Verbesserung der physischen und psychosozialen Gesundheitsressourcen der Frauen. Dazu gehört neben der Körperarbeit auch die praktische Er­näh­rungs­be­ratung.

Barbara Hennings ist individualpsychologische Beraterin und Encouragingtrainerin, ihr Schwerpunkt liegt am Dienstag in der Persönlichkeitsentwicklung. Hier folgt sie der Persönlichkeitspsychologie Alfred Adlers, in welcher Persönlichkeitsstörungen vor allem in entmutigenden Erfahrungen gründen. Deshalb zielt ihre Strategie zur Per­sön­lich­keits­entwicklung in den konkreten Situationen der Teilnehmerinnen auf mehr Selbstvertrauen, auf einen veränderten Umgang mit Selbstzweifeln, auf die Entdeckung und das Training eigener Stärken und unbeachteter Verhaltens­ressourcen. Sie vermittelt Techniken, um selbstgesetzte Ziele klar zu formulieren und zu erreichen. Sie lässt die Frauen die Bedeutung von nicht bewussten Meinungen und Annahmen im Umgang mit anderen und vor allem mit ihren Kindern erfahren, ermutigt sie, Selbst- und Fremdbild in ihrer Wirkung in sozialen Prozessen zu hinter­fragen und zu relativieren und den eigenen Anteil an der Konstitution ihrer sozialen Realitäten zu erkennen.

Silke Hansen ist Lehrerin für den Primar- und Sekundar I-Bereich, sie ist Lehrkraft für Deutsch als Fremdsprache, Alphabetisierung und steht zurzeit in einer Ausbildung zur „Beraterin in interkulturellen Fragestellungen“, sie verfügt über Methoden des „Lernens mit allen Sinnen und zu vielen Zeiten“. Sie ist die Studienleiterin des Projekts. In dieser Funktion ist sie Ansprechpartnerin im Team, sie moderiert die Teamsitzungen und regelt die Koordination zwischen Team, Teilnehmerinnen, Freizeitheim Vahrenwald, dem verantwortlichen Programmbereich der VHS und dem Kulturamt.

Sie gestaltet den Schwerpunkt „Auffrischen von Kenntnissen“ am Mittwoch unter Berücksichtigung der verschiedenen Lerntypen, sie bietet Life-Work-Balance-Modelle und verknüpft sie mit den anderen Schwerpunkten des Projekts zum „ganzen Paket für die ganze Frau“. Sie unterstützt dabei die Frauen beratend bei ihrer Entwicklung von Arbeits- und Zeitmanagement, zum Disstress-Abbau,  beim Finden von Wegen für individuelle Zielsetzungen, Berufsfindung und Bewerbung. Sie initiiert Gruppenprozesse und fördert die entsprechenden sozialen Kompetenzen.

Antje Grüneberg ist Diplom – Designerin mit einer Vielzahl zusätzlicher einschlägiger Ausbildungen in den Informations- und Kommunikationstechniken. Sie arbeitet selbstän­dig als Webdesignerin und freischaffende Textildesignerin. Sie vertritt den Lern­schwer­punkt „Kenntnisse fürs Büro“ am Donnerstag.

Dabei unterstützt sie die Teilnehmerinnen beim Erwerb von Grundkenntnissen beim Handling eines MS-Betriebssystems sowie des Internet und der Datenbanken der Arbeitsagentur zur Unterstützung bei der Präzisierung eigener Berufsperspektiven und bei gezielter Stellensuche.

Sie berät und unterstützt die Teilnehmerinnen bei der Gestaltung des individuellen Layout ihrer Bewerbungsmappe und beim einbinden und bearbeiten digitaler Medien. Sie verhilft dazu, den PC als hilfreiches Werkzeug zu sehen – im Alltag, bei der Stellensuche und vielen anderen Dingen mehr. Darüber hinaus steigern die Teilnehmerinnen bei diesen Tätigkeiten ihre Fähigkeiten selbständig, konzentriert und strukturiert zu arbeiten, für sich allein und auch im Team.

Jule Ehlers-Juhle ist Malerin, Illustratorin und Kreativtrainerin, der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt am Freitag im Kreativitätstraining, d.h. Kreatives Gestalten. ihre Arbeitsbereiche sind Malerei, Collage, Kunsthandwerk, Papiermaché, Keramik, Gips und Gipsmasken, die sie in die Arbeit mit den Frauen auch einbringt. Sie werden unterstützt, Lösungen für ungewohnte Aufgaben zu finden, etwas zu (er-) schaffen und damit Selbstbewusstsein zu entwickeln Die eigene Eigenheit sowie die der anderen zu Erkennen und anzuerkennen sind ihre Ziele. Außerdem bestärkt sie den Prozess der Frauen, andere bisher nicht beachtet Seiten an sich zu entdecken und die rechte Hirnhälfte zu aktivieren und nicht zuletzt eine eigene Ästhetik zu entwickeln. Hierfür trainiert sie handwerkliche Fähigkeiten und den Umgang mit unterschiedlichen Materialien und die Entwicklung und Organisation der Arbeit.

Literatur:

Thomas Herrmann, Die soziale und politischen Strukturen Hannovers in kleinräumiger Gliederung , Eine Studie im Auftrag der Niedersächsischen Staatskanzlei, Hannover, 2. und korrigierte Auflage 1992

Sarah Blaffer Hrdy, Mutter Natur, Die weibliche Seite der Evolution, Berlin 2002

Theo Schoenaker, Mut tut gut, Boebolt, 14. Aufl. 2006

 

Hannover, den 16.5.2006